Razzia gegen Google-Fonts-Abmahner: Hausdurchsuchung bei Rechtsanwalt Kilian Lenard
Rechtsanwalt Kilian Lenard aus Berlin fiel im September 2022 dadurch auf, dass er massenhaft Internetseitenbetreiber abgemahnt hat, weil diese angeblich ungefragt die IP-Adresse der Seitenbesucher an Google-Fonts in die USA weitergeleitet hätten. Die Sache sah für uns nach Abzocke aus und wir baten den Anwalt sowie seinen Mandanten um Aufklärung. Darüber hatten wir in mehreren Artikeln berichtet. Da keine Reaktion erfolgte, haben wir Anfang Oktober 2022 Rechtsanwalt Kilian Lenard und seinen Mandant Samer Martin Ismail wegen des Verdachts des versuchten Abmahnbetruges und der versuchten Erpressung angezeigt. Es haben in der Folge dann noch eine Reihe weiterer Adressaten getan, die von dem „Duo“ angeschrieben worden waren.
Am 21.12.2022 hat die Staatsanwaltschaft Berlin im Anwaltsbüro Lenard und bei dem angeblichen Repräsentant von „IG Datenschutz“ eine Hausdurchsuchung durchgeführt. Es wurden zahlreiche Datenträger und Unterlagen beschlagnahmt und Geldbeträge von bis zu € 346.000,00 arrestiert.
Marc-Philippe Weller und Camilla Seemann bekommen nicht nur von unserer Seite Gegenwind
Zwischenzeitlich hat auch der Regensburger Universitätsprofessor Michael Heese in einem Gastkommentar dem Aufsatz von Marc-Philippe Weller und Camilla Seemann widersprochen und zwar auf dem gleichen Rechtsportal, auf dem Heese/Ullmann tags zuvor die Flughafenblockaden der Klimaaktivisten „Letzte Generation“ kleingeredet haben.
Dabei wägt Professor Heese das Argument „ehrenwerte Ziel der Klimakleber“ als solches ab und kommt zu dem Ergebnis, dass die Behinderung auch einen Nötigungstatbestand erfüllt und es deshalb auf die altruistischen Motive der Klimaaktivisten nicht ankomme. Unserer Auffassung nach ist gar keine Abwägung vorzunehmen, da es durch die Handlungen ja nicht primär um Verbesserungen für den Klimaschutz geht, sondern um den Versuch, den Staat zu Gesprächen mit der Aktivistengruppe zu zwingen und als erstes Zeichen auf den Autobahnen Tempo 100 einzuführen und einen dauerhaft bezahlbaren ÖPNV einzurichten, so Lina Johnsen, Pressesprecherin „Letzte Generation“. Wie der FOCUS geschrieben hat, will die „Letzte Generation“ in erster Linie ein ernsthaftes Gespräch mit der Bundesregierung erzwingen. Und eine solche Erzwingung ist kein ehrenhaftes Vorgehen. Auf das Fernziel kommt es gar nicht an.
Professor Marc-Philippe Weller und Camilla Seemann erweisen Klimaaktivisten einen Bärendienst
Der Artikel vom 19.12.2022 in der LTO (Legal Tribune Online) mit dem Titel „Lufthansa und BER prüfen Schadensersatzklage: Deliktshaftung bei Flughafenblockaden der „Letzten Generation“?“ suggeriert Klimaaktivisten, dass sie eine zivilrechtliche Verantwortung konkret wegen der Besetzung der Rollfelder des Flughafens Berlin-Brandenburg nicht zu befürchten hätten.
Diese Annahme ist falsch (dazu weiter unten). Aber warum tut Professor Weller so etwas? Ist die Lehrstuhlmitarbeiterin und „Hiwi“ Camilla Seemann selbst Klimaaktivistin oder Sympathisantin? Professorale Tiefe hat der Artikel nämlich nicht. Die Forschungsgebiete des Professors erstrecken sich auch auf andere Rechtsgebiete und haben nur scheinbare Schnittmengen mit dem Artikel auf LTO. Climate Change Litigation hat selbst nichts mit Klimaprotesten zu tun. Vielmehr geht es bei Climate Change Litigation um Gerichtsverfahren zum Klimawandel. Vorliegend geht es um Proteste einer Gruppierung, die politische Änderungen herbeiführen will. Ein Bärendienst ist der Artikel für die Klimaaktivisten „Letzte Generation“ deshalb, weil diese sich möglicherweise nach der Einschätzung von Weller/Seemann am Ende in Sicherheit wähnen. In ihrer Argumentation ist das einizige, das haftet, der Sekundenkleber. Das stimmt eben nicht.
Klimaaktivisten haben die Rechnung ohne die Rechnung gemacht
Klimaaktivisten müssen bei Protestaktionen für die Schäden aufkommen, die sie durch einzelne Aktionen verursachen. Handeln mehrere, haften sie als Gesamtschuldner.
Klimaaktivisten müssen ebenso nicht nur strafrechtliche Folgen einkalkulieren, sondern auch die zivilrechtlichen Folgekosten, die viele Täter bei der Planung von Straftaten oder Aktionen gar nicht „auf dem Schirm“ haben.
Wer sich wegen einer illegalen Aktion haftbar macht, kann sich der Zahlungsverpflichtung nicht durch Insolvenz (Restschuldbefreiung) entziehen. Ansprüche gegen Schuldner bleiben 30 Jahre nach Titulierung (Urteil) vollstreckbar. Hinzu kommen dann im Laufe der Jahre noch Zinsen und Vollstreckungskosten sowie Rechtsverfolgungskosten.
So hat der Justizminister Marco Buschmann Klimaextremisten vor hohen Schadensersatzforderungen gewarnt, dass sie womöglich Schulden „ein Leben lang abtragen“ müssen. Der Hinweis erfolgte vor allem an die Startbahn-Besetzer. Aber auch Straßenblockaden mit Festkleben können richtig teuer werden.
OLG Karlsruhe hat alle Dieselverfahren ausgesetzt
Nach den Schlussanträgen des Generalanwalts beim Europäischen Gerichtshof Rantos vom 02.06.2022 hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe einen Schadensersatzprozess ausgesetzt (Beschluss vom 27.07.2022 nach Hinweisbeschluss vom 04.07.2022 – 8 U 58/21).
Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, dass die Berufung eine entscheidungserhebliche Frage zur Auslegung der Richtlinie 2007/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 05.09.2007 sowie zur Auslegung der Verordnung Nr. 717/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.07.2007 aufwerfe, die dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) bereits zur Vorabentscheidung vorliegt.
Dabei geht es um die Frage, ob dem Verbot, ein Kraftfahrzeug mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung auszustatten und in den Verkehr zu bringen, Schutzgesetzcharakter im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB auch insoweit zukommt, als das Interesse des Fahrzeugerwerbers, keine ungewollte Verbindlichkeit einzugehen, geschützt sein soll.