Der Aufsichtsrat tut nach außen das, was er tun muss. Er hat vergangene Woche offiziell Schadensersatz von Martin Winterkorn, Robert Stadler und den Vorständen der anderen Motorenmarken verlangt. Damit entgeht der Vorstand zum einen den Vorwurf, die Schuldigen des Dieselskandals nicht belangt zu haben, zum anderen geht es um Geld. Hinter den Kulissen sollen Winterkorn und Stadler geschont werden. Ihnen wird bislang nur Fahrlässigkeit, nicht aber grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz vorgeworfen. Warum? Es geht um die D&O-Versicherung der Manager, deren Haftpflichtversicherung. Diese tritt aber nur für Ansprüche ein, die fahrlässig, also nicht grob fahrlässig oder vorsätzlich dem Konzern zugefügt worden sind. Muss die Versicherung einspringen, schont es das Vermögen der Herren Winterkorn und Stadler. Ob diese Argumentation am Ende so durchzuhalten ist, ist fraglich, weil in den Strafanklagen gegen Winterkorn und Stadler den Herren Vorsatztaten vorgeworfen werden.

Dafür kann Martin Winterkorn zunächst einmal nichts. Der Prozess gegen den VW-Boss, wegen millionenfacher Dieselmanipulation, soll nun nicht wie ursprünglich geplant am 25.02. diesen Jahres beginnen, sondern erst am 20.04.2021. Begründet wurde die Verzögerung vom Landgericht Braunschweig damit, dass ein jetziger Prozessbeginn möglicherweise kontraproduktiv zu den politischen Beschlüssen zur Senkung der Infektionszahlen Covid-19 sei. Es sei daher sachgerecht, den Prozess erst im Frühjahr beginnen zu lassen.

 

Das dürfte unabhängig davon ganz im Interesse von Martin Winterkorn sein, denn der arbeitet anscheinend beharrlich an einem generellen „Prozess-Attest“. Anfangs ließ er das Gericht wissen, er habe einen „bösen Fuß“. Jetzt will er sich einer Hüftoperation unterziehen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass dieses Manöver auch dazu dient zu verhindern, dass das Gericht klären kann, ob nicht nur der Fuß des Managers „böse“ und er millionenfach schuldig ist.

In dem Strafverfahren um den ehemaligen Audi-Vorstandsvorsitzenden Rupert Stadler hat sich der Angeklagte am 12.01.2021 erstmals zu den Tatvorwürfen geäußert. Er hat hierzu eine vorbereitete Erklärung vorgelesen. Da ich bei der Verhandlung nicht selbst zugegen war, kann ich lediglich eine Ferndiagnose abgeben. Aus Verteidigersicht muss man sich ernsthaft fragen: Kommt Stadler mit der Einlassung, die er präsentiert hat, wirklich davon? Oder macht er es noch schlimmer, nach dem Motto: „Es sind immer die anderen Schuld“.

 

Die Anklage wirft Stadler vor, dass er nicht verhindert hat, dass Audi seit Ende September 2015 in Europa weiter Dieselfahrzeuge verkauft hat, die mit einer unzulässigen Motorsteuerungssoftware ausgestattet waren, also Strafbarkeit durch Nichtstun.

 

Dass Stadler nichts unternommen hat, hat er jetzt eingeräumt, meinte aber, dass er keine Veranlassung dazu gehabt habe, weil er keine konkrete Kenntnis gehabt hätte. Da muss man schon sagen: UNSINN!!!

Vielleicht ist dieser Vorhalt vieler Zeitungen sogar falsch. Peter Hauck kann es vielleicht schon, aber er will es nicht und sollte deshalb schnellstmöglich abgelöst werden. Egal welcher Vorwurfgrad hier zutrifft. Politpfeifen müssen gehen. Peter Hauk war schon 2005–2010 Minister für Ernährung und Ländlichen Raum. 2016 übernahm er erneut das inzwischen in Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz umbenannte Ministerium. Und: Im Schwarzwald und auf der Schwäb‘schen Alb sind schockierende Bilder von grausamen Hinrichtungsmethoden in Schlachthöfen Baden-Württembergs zu sehen, zuletzt in Biberach. Die „schwarzen Schafe“ unter den Schlachtern morden solange, bis Tierschutzorganisationen die Missstände aufdecken. Zu Recht gerät der Minister jetzt unter Rechtsfertigungsdruck. Die Kontrollen in Baden-Württemberg sind für den Henker. Seit 2005 (mit Unterbrechung) sitzt Herr Hauk am längeren Hebel und hat nichts oder viel zu wenig getan.

 

Und was gibt der Minister nun von sich? Er bringt den Mindestpreis für Schweinefleisch ins Gespräch und meint damit die konkreten Probleme lösen zu können. Das ist grade so, als würde man Verständnis dafür haben, dass ein arbeitsloser Betrunkener seine Frau verprügelt, weil der Hartz-4-Satz zu niedrig ist. Lösung: Hartz-4-Satz anheben? Herr Hauk, hören sie mit diesem argumentativen Unsinn auf. Die Täter sind Tierquäler und hätten bei höheren Fleischpreisen sogar noch eine bessere Rendite. Tierquäler muss man aus dem Verkehr ziehen und die Kontrollen in der Nutztierhaltung sofort verstärken.

 

Die staatliche Auszahlung einer Soforthilfe für Betriebe und Selbständige in der Corona-Krise hat wohl auch eine Reihe von Betrügern angezogen. Geschätzt werden Schäden von mehr als 30 Millionen Euro für betrügerisch erlangte Subventionshilfen. Die meisten sind ehrlich. Von 430.000 genehmigten Anträgen von Solo-Selbständigen und Kleinunternehmen ist die Anzahl der Betrüger gering. Die vorgenannten Zahlen betreffen das Land Nordrhein-Westfalen. In anderen Ländern sieht es aber ähnlich aus.

 

Wer sich in Krisenzeiten aus dem Topf für Bedürftige bedient, handelnd moralisch gleich übel wie der, der die Spendenkasse für arme Menschen plündert. Ist unsere Strafpraxis vielleicht generell zu lasch?

 

In der Gesellschaft nimmt man solche Straftaten oftmals als Begleitübel hin. Haftstrafen drohen den Tätern in den wenigsten Fällen. Bis man in Deutschland eine Haftstrafe absitzen muss, muss man schon fast jemanden umgebracht haben, sagen viele. So ganz falsch ist das nicht. Um eine Disziplin bei bestimmten üblen Straftaten zu erlangen, die nicht gleich mit Höchststrafen bewährt sind, sollte man das Instrument der Haftstrafe vielleicht doch gesondert in den Vordergrund rücken.

 

Es ist zu überlegen, ob man für bestimmte oder alle Straftaten nicht ein besonderes Merkmal vorsieht, bei dessen Erfüllung in jedem Fall eine Haftstrafe droht. Das wäre bei Rohheitsdelikten, Vergewaltigung, Betrug in großem Umfang, bei der Begehung von Straftaten, bei denen dem Schuldner klar ist, dass er die Schuld nie begleichen werden wird oder wer Notsituationen ausnutzt um sich zu bereichern, mögflich. Solche Taten sollte immer zusätzlich an einem besonderen strafschärfendem Merkmal gemessen werden: