Konstanzer Unternehmer könnten gegen die neue Steuer "Sturm laufen" und deren Sinn sowie Zulässigkeit gerichtlich überprüfen lassen. Bislang hat noch niemand geklagt zu haben. die Frage ist: Darf man eine Steuer einführen, die von vornherein absehbar sinnlos erscheint? Die Verpackungssteuer vermeidet keinen Müll, was doch die Intention sein sollte. Sie verlangt jetzt für die Verpackung eben Steuern. Und kann man auf die Verpackungssteuer auch noch 19 % Mehrwertsteuer verlangen. das ganze erscheint sehr suspekt.
Weshalb die Konstanzer Bürger und Unternehmer das alles bislang so hinnehmen, erstaunt.
Am 01.01.2025 ist in Konstanz die Verpackungssteuersatzung in Kraft getreten. Über die Sinnlosigkeit dieser Maßnahme haben wir bereits in einem gesonderten Artikel berichtet unter https://www.lawinfo.de/index.php/30-ausgewaehlte-rechtsgebiete/steuerrecht/1974-chatgpt-ist-schlauer-als-der-konstanzer-gemeinderat?tmpl=component&print=1.
Nun stellt sich die Frage, ob diese Satzung nicht nur sinnlos, sondern auch unvereinbar mit dem Grundgesetz bzw. sonstigem Bundes- oder Landesrecht ist. Eine derartige Prüfung obliegt Baden-Württemberg in erster Instanz dem Verwaltungsgerichtshof in Mannheim im Rahmen einer Normenkontrolle. Der VGH Mannheim hatte so im Jahr 2022 eine ähnliche Satzung der Stadt Tübingen zu großen Teilen für nicht mit höherrangigem Recht vereinbar erklärt (VGH Mannheim, Urt. v. 29.3.2022 – 2 S 3814/20). Auf die Revision der Stadt Tübingen hat das Bundesverwaltungsgericht die Entscheidung des VGH Mannheim größtenteils aufgehoben und die Verpackungssteuersatzung der Stadt Tübingen mit wenigen Ausnahmen für rechtmäßig erklärt (BVerwG Urt. v. 24.5.2023 – 9 CN 1.22). Seit September 2023 ist wegen der Verpackungssteuersatzung der Stadt Tübingen nun eine Verfassungsbeschwerde am Bundesverfassungsgericht anhängig.
Doch was bedeutet die Bestätigung der Tübinger Verpackungssteuer für die Konstanzer Verpackungssteuer? Vermutlich weniger als die Allgemeinheit wahrscheinlich annimmt. Das Bundesverwaltungsgericht prüft nämlich nicht die Verpackungssteuer an sich, sondern die zugrundeliegende Verpackungssteuersatzung. Hierbei wird Norm für Norm geprüft, ob der Wortlaut und der Gesetzeszweck der jeweiligen Vorschrift mit höherrangigem Recht vereinbar ist. Zwar stimmt die Konstanzer Verpackungssteuersatzung teilweise mit den Tübinger Vorschriften überein, sie enthält jedoch auch weitergehende Regelungen, welche bisher gerichtlich nicht überprüft wurden.
Die gravierendsten Unterschiede lassen sich wie folgt zusammenfassen:
a) Einführung der Meldepflicht (§ 3)
• Inhalt: Die Konstanzer Satzung verlangt, dass Betriebe, die Einwegverpackungen verwenden, dies der Kämmerei anzeigen und Angaben zu Art und Umfang der Nutzung machen.
• Problem: Eine solche Meldepflicht stellt einen zusätzlichen Verwaltungsaufwand für die Betroffenen dar und könnte als unverhältnismäßiger Eingriff in die Berufsfreiheit (Art. 12 GG) angesehen werden.
o Die Tübinger Satzung sieht keine solche Pflicht vor. Stattdessen liegt die Nachweis- und Dokumentationspflicht ausschließlich auf den steuerpflichtigen Verkäufern im Rahmen von § 7 (Aufbewahrungspflichten).
o Konstanz könnte verpflichtet sein, eine weniger belastende Maßnahme zur Informationsbeschaffung zu wählen.
b) Prüfungsrecht der Stadt (§ 9)
• Inhalt: Die Satzung räumt der Stadt umfassende Einsichtsrechte in die Geschäftsunterlagen der Steuerpflichtigen ein.
• Problem: Diese Regelung erweitert die Kontrolle durch die Verwaltung und könnte als unverhältnismäßiger Eingriff in den Schutz von Geschäftsgeheimnissen (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 GG) oder in die informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 GG) bewertet werden.
o Das BVerwG hat sich bei der Tübinger Satzung nicht mit einem Prüfungsrecht auseinandergesetzt, da eine solche Regelung dort fehlt.
c) Bußgeldvorschriften (§ 10)
• Inhalt: Die Konstanzer Satzung sieht Geldbußen bis zu 10.000 € bei Verstößen gegen die Melde- oder Erklärungspflichten vor.
• Problem: Solche hohen Bußgelder könnten als unverhältnismäßig angesehen werden, insbesondere wenn sie nicht klar an die Schwere des Verstoßes und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Betroffenen angepasst werden.
o In der Tübinger Satzung fehlen explizite Bußgeldregelungen, sodass das Verhältnis von Regelung und Sanktion strenger geprüft werden könnte.
d) Verwaltungsaufwand und Verhältnismäßigkeit
• Die zusätzlichen Regelungen (Meldepflicht, Prüfungsrecht) erhöhen den Verwaltungsaufwand für die Steuerpflichtigen und die Verwaltung selbst. Dieser Aufwand könnte als unverhältnismäßig angesehen werden, insbesondere wenn der Nutzen für die Zielsetzung (Reduktion von Einwegverpackungen) nur geringfügig steigt.
Eine weitere Besonderheit des Konstanzer Vorgehens besteht darin, dass auf die Verpackungssteuer zusätzlich eine Mehrwertsteuer erhoben wird. Die Satzung schweigt hierzu, die Flyer, die die Stadt den Betrieben zum Auslegen bereitstellt, enthalten den entsprechenden Hinweis. Das Bundesverwaltungsgericht qualifiziert die Tübinger Verpackungssteuer als Verbrauchsteuer iSd Art. 105 II a 1 GG. Auch in Konstanz geht man davon aus, dass die Verpackungssteuer eine Verbrauchsteuer darstellt. Gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) wird die Umsatzsteuer auf Lieferungen und sonstige Leistungen erhoben. Verbrauchsteuern hingegen sind keine Entgelte für eine Leistung, sondern eigenständige Steuern, die den Verbrauch belasten. Die Verpackungssteuer könnte folglich nicht als Teil des Entgelts für die Lieferung oder Leistung angesehen werden und damit nicht der Umsatzsteuer unterliegen. Bei dem Konstanzer Vorgehen könnte es sich daher um eine unzulässige Doppelbelastung handeln.
Ob die Konstanzer Verpackungssteuersatzung mit höherrangigem Recht vereinbar ist, ist fraglich, allerdings im Ergebnis offen.