Bislang wird die Gefahr einer Corona-Infektion bei Betrieben hauptsächlich betriebswirtschaftlich gesehen( Unterbrochene Lieferketten, schwindende Absatzmärkte, Umsatzeinbußen). 

 

Tatsächlich liegt die reale Gefahr sehr viel näher als viele derzeit erkennen: So geht ein Betrieb unabsehbare und eventuell auch gar nicht mehr versicherte Risiken ein, wenn er bestimmte Maßnahmen fahrlässiger Weise missachtet. 

 

Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt, § 276 II BGB. So entschied der Bundesgerichtshof bereits 1971, dass derjenige nicht fahrlässig handelt, der sich so verhalten hat, wie ihm von kompetenten Fachleuten empfohlen worden ist.

 

Klingt logisch, bedeutet aber im Umkehrschluß, dass bei einem Verstoß gegen fachliche Empfehlungen eine Haftung wegen Fahrlässigkeit gegeben ist. Die Juristen schließen zwar in der Regel weit hergeholte Zusammenhänge haftungstechnisch aus. So ist der Auto-Hersteller nicht für Verletzungen bei einem Unfall haftbar, obwohl es diesen Unfall ohne das hergestellte Auto gar nicht gegeben hätte. Bei der aktuellen Corona-Pandemie aber dürften auch Gerichte diese naturwissenschaftlichen Zusammenhänge eher zu Lasten des "Schädigers" beurteilen. 

 

Welche Empfehlungen von kompetenten Fachleuten gibt es derzeit?

 

Es gibt  Vorgaben der WHO und des Robert-Koch-Institutes( RKI). Deren Empfehlungen stellen in den aktuellen unsicheren Zeiten den rechtlichen "Gold-Standard" dar. Ein Betrieb, der sich an diese Vorgaben nicht hält, geht ein unabsehbares Haftungsrisiko ein. 

 

Wenn das RKI  "gründliches Händewaschen"empfiehlt, dann muss der Betrieb bspw. klären, was "gründlich" bedeutet, und er muss für genügend Seife am Arbeitsplatz sorgen.

 

Fraglich ist weiter, ob es ausreicht, wenn man die entsprechenden Hinweise im Betrieb aushängt. Das führt sicher dazu, dass derjenige Mitarbeiter, der sich die Hände nicht gründlich wäscht und sich deshalb infiziert, wegen Mitverschulden keine Ansprüche gegen den Betrieb hat. 

 

Für seine von ihm infizierten Kollegen/innen stellt sich aber die Frage, ob der Betrieb das Einhalten der Handhygiene nicht hätte überprüfen müssen. Daneben haftet natürlich auch der infizierende Schmutzfink. 

 

Eine weitere Empfehlung des RKI lautet: Abstand halten von 1-2 Metern. Kann der Betrieb sich darauf berufen, dass diese Vorgabe nicht eingehalten werden kann, ohne Betriebsabläufe empfindlich zu stören? Wir meinen: nein.

 

Letztlich bleibt einem Betrieb nichts anderes übrig, als die bisherigen Vorgaben der Behörden über zu erfüllen, um sich nicht einem Haftungsrisiko auszusetzen. 

 

Dazu gehört auch, die Mitarbeiter/innen dazu zu verpflichten, nicht nur die RKI-Verhaltensregeln einzuhalten, sondern auch präventiv bei Verdachtsmomenten den Betrieb zu meiden und ärztlichen Rat zu suchen. 

 

Was sollte konkret getan werden?

 

  • Im Betrieb sollten gut erkennbar die  Verhaltensregeln entsprechend den RKI-Vorgaben ausgehängt werden
  • Jeder Mitarbeiter/in soll unterschreiben, dass er diese Verhaltensregeln zur Kenntnis genommen hat und sich verpflichtet, diese auch einzuhalten
  • Der Betrieb muss gewährleisten, dass die Verhaltensregeln permanent aktuell sind. Dazu muss er regelmäßig( und nachweislich) die Verhaltensregeln des RKI und des Bundesgesundheitsministeriums.
  • Schriftliche Abklärung des Versicherungsschutzes

 

Wird dieser Standard nicht eingehalten, setzt sich der Betrieb dem Vorwurf des mindestens fahrlässigen Handels aus mit unabsehbaren Haftungsrisiken. Wenn darüberhinaus noch ein grob fahrlässiges Handeln vorliegt, dürfte regelmäßig auch der betriebliche Versicherungsschutz entfallen. ( Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders hohem Maße außer Acht lässt).

 

Natürlich muss der Anspruchsteller grundsätzlich den Nachweis führen, dass und unter welchen Umständen er sich im Betrieb infiziert hat. Ferner muss er darlegen können, dass diese Infektion bei Einhaltung der fachlichen Präventions-Vorgaben nicht eingetreten wäre. Allerdings können die konkreten Umstände auch zu einer Beweislastumkehr führen mit der Folge, dass der Betrieb beweisen muss, dass er nicht für die Infektion und deren Folgen verantwortlich ist. 

 

Diese Beispiele machen deutlich, dass ein Arbeitgeber erhebliche Maßnahmen ergreifen muss, will er sich nicht einem existenzbedrohenden Haftungsrisiko aussetzen. 

 

Da diese haftungsvermeidenden Maßnahmen individuell auf den jeweiligen Betrieb nach einer Risiko-Evaluierung angepasst werden müssen, bieten wir Ihnen gerne unsere Unterstützung an.