2008 soll Herr Manfred Genditzki die 87-jährige Lieselotte K. in ihrer Badewanne ertränkt haben. Nach 13 Jahren und sieben Monaten Haft wird sein Verfahren nun vor dem Landgericht München wiederaufgenommen.

 

M. Genditzki wurde zweimal zu lebenslanger Haft wegen Mordes verurteilt. 2012 dann rechtskräftig und damit endgültig. Seither kämpft er um seine Freilassung und die Wiederaufnahme seines Verfahrens. Da M. Genditzki die Tat – vermutlich zu Recht – immer bestritt, galt er als uneinsichtig, sodass er keine Aussicht auf vorzeitige Haftentlassung hatte. Nach 4912 Tagen hinter Gittern hat M. Genditzki nun endlich die Chance seine Unschuld nachzuweisen.

 

M. Genditzki wohnte damals mit der verstorbenen Seniorin in einer Wohnanlage, war dort als Hausmeister tätig und unterstützte die Dame in ihrem alltäglichen Leben. Im Oktober 2008 wurde sie dann tot in ihrer Badewanne aufgefunden und er, als Bezugsperson und engster Vertrauter, geriet ins Visier der Ermittler. Auf Grund von Hämatomen auf der Kopfhaut der Seniorin ging die Gerichtsmedizin stets von einem Tötungsdelikt aus. Obwohl M. Genditzki jedes Mordmotiv, das ihm vorgeworfen wurde, widerlegen und von sich weisen konnte, wichen die Strafverfolger nie von ihm als Verdächtigen ab. Ohne Tatwaffe, ohne Motiv und ohne DNA-Nachweis wurde M. Genditzki letztlich verurteilt und inhaftiert.

 

Nach 4912 Tagen konnte die Verteidigerin des M. Genditzki nun endlich ein Wiederaufnahmeverfahren veranlassen.

Zwei neue Gutachten ergaben, dass die 87-Jährige zu einem deutlich späteren Zeitpunkt starb als ursprünglich angenommen und ein Haushaltsunfall ohne Einwirkungen Dritter durchaus als mögliche Todesursache in Frage kommt. Eine biomechanische Computersimulation, neue Erkenntnisse aus der Thermodynamik sowie 20 angesetzte Verhandlungstage sollen nun die Unschuld des M. Genditzki beweisen.

 

Sollte ihm dieser Unschuldsbeweis gelingen, saß das Justizopfer 13 Jahre und sieben Monate zu Unrecht in Haft und hat damit 4912 Tage seines Lebens verloren. Für derartige Fälle sieht das Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) Schadensersatzansprüche vor. Gemäß § 7 Abs. 1 dieses Gesetzes hat M. Genditzki Ansprüche auf Ersatz von Vermögens- sowie Nichtvermögensschäden. Während seiner Inhaftierung hat M. Genditzki sein zum Teil selbst erbautes Haus verloren, da niemand mehr die Raten zahlen konnte und ging privat in die Insolvenz. Er hat die Geburt seiner Tochter sowie seiner Enkelkinder, das Aufwachsen seiner Kinder und die Beerdigung seiner eigenen Mutter verpasst. Der Verlust des Hauses müsste dabei wohl noch als Vermögensschaden gelten. All die verpassten Momente und Gelegenheiten des M. Genditzki mit seiner Familie werden dann als „Nichtvermögensschaden“ nach § 7 Abs. 3 StrEG mit einer pauschalen Entschädigung von 75 € pro Tag als „abgegolten“ angesehen werden.

 

Insgesamt 368.400 € - eine wohl geringe Summe als Entschädigung für einen mutmaßlichen Justizskandal, der M. Genditzki 4912 Tage seines Lebens kostete.

 

[Quelle: “UNFALL STATT MORD? Der „Badenwannenmord“ wird wieder aufgerollt – Anwältin spricht von Justizskandal“, in: stern, URL: https://www.stern.de/panorama/verbrechen/badewannenmord-wieder-aufgerollt---anwaeltin-spricht-von-justizskandal-33410910.html (Stand: 30.04.2023).]