0815-Patientenverfügungen sind in Corona-Zeiten das eigene Todesurteil,
... das hoffentlich nicht vollstreckt wird. Die Zeitschrift Finanztest meint sogar, dass eine Änderung bestehender Patientenverfügungen wegen Corona nicht notwendig sei. Das ist falsch! Wer auf so etwas hört, für den kann es im Ernstfall schnell zu spät sein. Auf den Punkt gebracht: wer nicht wegen Corona sterben will, sollte seine Patientenverfügung auf Schwachstellen überprüfen. Wer noch keine hat, sollte jetzt eine solche vorsorglich hinterlegen.
Patientenverfügungen sollen eine bestimmte medizinische oder pflegerische Behandlung sicherstellen, sofern man hier zu selbst nicht mehr in der Lage ist, insoweit Entscheidungen zu treffen. Patientenverfügungen regeln Versorgungsinhalt und Versorgungsart bzw. Klammern aus, was man im Notfall nicht möchte. Und da liegt bei vielen oberflächlichen Patientenverfügungen das Problem. In Standardverfügungen wird oftmals eine künstliche Beatmung abgelehnt. Bei schweren Komik-19-Verläufen kann aber genau diese Maßnahme einem das Leben retten. Auch in Triage-Fällen wären solche Formulierungen ein höfliches „Hintenanstellen“, das man dann mit dem eigenen Tod bezahlt. Das ist alles in Ordnung, wenn es so gewollt ist. Wenn nicht, besteht Handlungsbedarf.
Wählen Sie nicht irgend eine Patientenverfügung aus, sondern unbedingt die richtige!
Wann ist ein Sterbewunsch in der Patientenverfügung wirksam?
Um es vorwegzunehmen: In den meisten Patientenverfügungen ist das nicht der Fall. Das liegt daran, weil viele Patientenverfügungen „von der Stange“ allgemeine Formulierungen enthalten, die im Ernstfall nicht konkret genug sind. Das bedeutet, dass viele Patientenverfügungen dann versagen, wenn sie gebraucht werden. Das Problem ist, dass der Patient meistens in diesem Stadium selbst nicht mehr in der Lage ist, sich einwandfrei zu artikulieren oder seinen Wunsch eindeutig zu äußern. Deshalb kommt ja die Patientenverfügung zur Anwendung, aber ist ohne Wirkung.
Der Sterbewunsch eines Patienten in bestimmten Situationen muss so konkret sein, dass ihm im Bedarfsfall auch entsprochen werden kann (und muss). Der Bundesgerichtshof hat zwischenzeitlich die Anforderungen an die Formulierung des Sterbewunsches konkretisiert.
So befand sich eine Frau im Wachkoma. Über deren Patientenverfügung stritten sich Vater und Sohn. In letzter Instanz setzte sich der Sohn gegen den Vater durch. Er war im Gegensatz zum Ehemann davon überzeugt, dass seine Mutter ein Ende der künstlichen Ernährung und Flüssigkeitszufuhr gewollt hätte. Es ging um die rechtliche Kernfrage, wie konkret Patienten für den Ernstfall festhalten und formulieren müssen, wann sie weiterleben wollen und wann nicht. Die allgemeine Formulierung „keine lebenserhaltenden Maßnahmen“ zu wollen, ist zu allgemein und reicht für den Ernstfall gerade nicht aus. Hier hatte die Frau in ihrer Patientenverfügung angegeben, dass sie lebensverlängernde Maßnahmen ablehne, für den Fall, dass „keine Aussicht auf Wiedererlangen des Bewusstseins bestehe“. Was sollte das nun heißen? Der Sohn konnte nachweisen, dass die Mutter vor ihrem Schlaganfall zwei andere Wachkoma-Fälle aus ihrem Bekanntenumfeld miterlebt und bei dieser Gelegenheit vielen Personen gegenüber geäußert hatte, dass sie so nicht daliegen wolle, dass sie so nicht künstlich ernährt werden wolle, lieber sterbe sie. Sie habe mit ihrer Patientenverfügung zum Glück entsprechend vorgesorgt.
Nur aufgrund dieser Zusatzinformation waren sich die Richter am Ende sicher, dass die Patientin für den konkreten Fall keine lebensverlängernden Maßnahmen wünschte. Die Formulierung allein hätte nicht ausgereicht.
Was bedeutet das für den Praxisfall?
Nach Enkeltrick: Jetzt folgt der „Omatrick“ des Oberlandesgerichts Celle
Jahrelang hat die Großmutter für ihre beiden Enkel monatlich € 50,00 angespart. Dann musste sie aus Altersgründen ins Heim. Da sie die Heimkosten alleine nicht tragen konnte, hat der Sozialhilfeträger dann die Enkelkinder in Anspruch genommen. Sie sollten die Beträge, die die Großmutter in den letzten 10 Jahren auf deren Sparkonten einbezahlt hatte, an den Sozialhilfeträger erstatten. Das Oberlandesgericht Celle gab nun dem Kläger recht. Es würde sich hier um regelmäßige Zahlungen an Familienangehörige handeln. Diese können wegen Verarmung des Schenkers zurückverlangt werden. Das Gericht hat die Zuwendungen als Vermögensaufbau und nicht als Anstandsschenkungen bewertet. Was hier nicht bekannt ist, dürfte auch noch ausschlaggebend gewesen sein: Das Geld war noch nicht ausgegeben worden, wie das bei Ansparungen oftmals der Fall ist.
Rechtmäßig oder nicht: Wir sehen darin einen staatlichen „Omatrick“.
Pflegeheimkosten steigen dramatisch: wer soll das bezahlen?
Schon bislang war der Eigenanteil für einen Platz im Pflegeheim für Familienangehörige eine nicht unerhebliche Belastung. Denn die Pflegeversicherung trägt nur einen Teil der Pflegekosten. Hinzu kommen noch Kosten für Heimbewohner und Verpflegung von Heimbewohner. Allein in Baden-Württemberg beträgt der Eigenanteil für reine Pflege € 953,00 pro Monat. Wenn der Betroffene das nicht bezahlen kann, werden oftmals Familienangehörige herangezogen.
Notwendiger Inhalt der Patientenverfügung, um lebenserhaltende Maßnahmen abzubrechen
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich kürzlich mit den Anforderungen befasst, die eine Patientenverfügung im Zusammenhang mit dem Abbruch von lebenserhaltenden Maßnahmen erfüllen muss.
Ausgangspunkt ist, dass grundsätzlich das Betreuungsgericht den Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen genehmigen muss. Diese Gerichtsentscheidung ist jedoch nicht erforderlich, wenn der Betroffene einen entsprechenden eigenen Willen bereits in einer wirksamen Patientenverfügung niedergelegt hat und diese auf die konkret eingetretene Lebens- und Behandlungssituation zutrifft. Wird das Gericht dennoch angerufen, weil eine der beteiligten Personen Zweifel an der Bindungswirkung einer Patientenverfügung hat und kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass eine wirksame Patientenverfügung vorliegt, die auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutrifft, hat es auszusprechen, dass eine gerichtliche Genehmigung nicht erforderlich ist (so genanntes Negativattest).