Stellen Sie sich folgende Situation vor: Nach 20 Jahren erfahren Sie, dass Ihr geliebtes Kind doch nicht Ihr leibliches Kind ist.
So erging es 2017 einer Familie in Spanien. Im Zuge einer Unterhaltsklage der Großmutter gegenüber dem Vater ihrer angeblichen Enkelin kam durch einen DNA Test zufällig heraus, dass der Vater der 19-Jährigen nicht der biologische ist – die Mutter aber auch nicht.
So ein Schock stellt eine Familie vor viele Fragen: Werden die Kinder nun zurückgetauscht? Wie finde ich heraus, wer wirklich mein leibliches Kind ist? Will ich das überhaupt?
Und nicht zuletzt wirft die Verwechslung zweier Babys eine Vielzahl von juristischen Fragen auf, beispielsweise: Kann ich jemanden dafür verklagen, dass er oder sie mir das „falsche“ Kind im Krankenhaus gegeben hat?
Da auf dem strafrechtlichen Klageweg meist nicht viel zu holen sein wird, müssen die Betroffenen auf das Zivilrecht zurückgreifen: Sprich Schadensersatz und Schmerzensgeld einfordern.
Eine Möglichkeit wäre es, an den Behandlungsvertrag, den die werdende Mutter vor der Geburt mit dem Krankenhaus abschließt, anzuknüpfen. Die Verwechslung des Neugeborenen stellt dann eine „Vertragsverletzung“ dar. Es wäre möglich, dass die Eltern das Krankenhaus auf Ersatz des gezahlten Unterhalts verklagen. Aber auch das seinerseits verwechselte Kind kann Schadensersatzansprüche geltend machen, da der Behandlungsvertrag auch für sie oder ihn Schutzwirkung entfaltet.
Darüber hinaus kann der schwere Schock, den wohl jede Familie erleiden wird, wenn sie herausfindet, dass sie ein anderes Kind als ihr eigenes großgezogen hat, ein Anknüpfungspunkt sein. Viele betroffene Familien berichteten von anschließenden Depressionen. In solchen Fällen gesteht die Rechtsprechung den Geschockten Schmerzensgeld und Schadensersatz zu. Die konkrete Summe wird wohl von der Reaktion des jeweils einzelnen abhängen.
Und was ist mit den tatsächlichen Eltern des Kindes? Können die „falschen“ Eltern den Unterhalt zurückfordern, den sie rechtsgrundlos bzw. fälschlicherweise geleistet haben? Grundsätzlich ja. Jedoch kann auch das andere Elternpaar gleichermaßen ihre Ansprüche geltend machen.
In anderen Fällen hatten Familien erfolgreich auf Schadensersatz geklagt und insgesamt um die 2 Millionen Euro zugesprochen bekommen. In Deutschland wird wohl nicht mit solchen Summen zu rechnen sein.