Der für Bankrecht zuständige 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe hat die Kündigung eines Bausparvertrages durch die Bausparkasse für unwirksam erklärt. Geklagt hatte ein Ehepaar, das bereits im Jahr 1991 einen Bausparvertrag über eine Bausparsumme von 23.000 DM abgeschlossen hatte. Der Bausparvertrag war seit 2002 zuteilungsreif, das Darlehen wurde allerdings von den Klägern nicht abgerufen. Das Bausparguthaben wird nach den vertraglichen Vereinbarungen mit 2,5 Prozent verzinst. Im Jahr 2015 hatte die Bausparkasse den Vertrag gekündigt. Gegen diese Kündigung wandten sich die Kläger, die den Vertrag fortsetzen wollen.
Bereits das Landgericht Karlsruhe hatte den Klägern recht gegeben. Die Berufung der Bausparkasse gegen dieses Urteil blieb vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe erfolglos. Anders als bei vollständiger Ansparung der Bausparsumme stehe der Bausparkasse im vorliegenden Fall ein gesetzliches Kündigungsrecht nicht zu. Insbesondere lägen die Voraussetzungen des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht vor, da die Bausparkasse - in der Ansparphase rechtlich in der Rolle der Darlehensnehmerin - das Darlehen nicht „vollständig empfangen“ habe. Vollständig empfangen habe die Bausparkasse das Darlehen, wenn die Bausparsumme erreicht sei, nicht bereits wenn der Bausparvertrag zuteilungsreif sei.
Eine entsprechende Anwendung von § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB sei im Hinblick auf die Besonderheiten des Bauspargeschäftes abzulehnen. Die Bausparkasse sei nicht schutzlos. Sie könne ihren Anspruch auf weitere Besparung des Vertrages bis zum Erreichen der Bausparsumme durchsetzen. Kommt der Bausparer dieser Verpflichtung nicht nach, so besteht nach den vertraglichen Vereinbarungen ein Kündigungsrecht.
Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat sich mit dieser Entscheidung der Ansicht des Oberlandesgerichts Stuttgart (Urteil vom 30.03.2016, Az. 9 U 171/15) angeschlossen. Da die Frage des Kündigungsrechts von Bausparkassen bei nicht vollständig angesparter Bausparsumme von den Obergerichten unterschiedlich beantwortet wird, hat der Senat die Revision zugelassen.
[PM: Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil vom 08.11.2016, Az. 17 U 185/15]