Nicht nur die Autoindustrie hat in den letzten Jahren und Monaten Lösungsumsetzungen verschlafen, auch der Staat. Jetzt hat das Kraftfahrbundesamt (KBA) erstmals eine Allgemeine  Betriebserlaubnis (ABE) für Dieselmotoren der Abgasnorm Euro 5 für diverse Volvo-Modelle zugelassen, für bestimmte Daimler-Modelle. Im August sollen BMW-Modelle folgen.

 

Anfangs wurde noch behauptet, dass es keine Hardware-Nachrüstung geben würde. Das scheint unwahr. Die BMW-Modelle, die in Kürze nachgerüstet werden können, werden in den USA schon seit Jahren mit diesem Zusatz verkauft. In jeder Fahrzeug-Bodengruppe sind die Aussparungen schon vorgesehen, weil die Modelle ja nicht zweimal erfunden wurden. Es wurde das Set eben nur in die Modelle eingebaut, die in die USA verkauft wurden.

Wer ein Kraftfahrzeug mit einem weit über der Richtgeschwindigkeit liegenden Tempo fährt – hier 200 km/h –, muss in besonderem Maße seine volle Konzentration auf das Verkehrsgeschehen richten. Schon die kurzzeitige Ablenkung durch Bedienung des sog. Infotainmentsystems (Navigationssystem) kann bei derartigen Geschwindigkeiten den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit begründen.

Jetzt steht nach der Firma Jenoptik auch Hersteller Vitronic in der öffentlichen Kritik. Auch deren Messgeräte zeichnen keine Rohmessdaten auf. Das ist letztlich so, als würde die Polizei jede DNA-Spur nach Auswertung gleich entsorgen, obwohl noch gar keine Anklage erhoben ist. Wenn man nicht (mehr) überprüfen kann, ob die genetische Bestimmung aus dem Labor fehlerfrei (und ohne Verwechslung) erfolgt ist, darf das Ergebnis schlicht nicht zur Grundlage einer Verurteilung gemacht werden. In Fachkreisen ist das ‚Messmanko‘ schon seit Jahren bekannt. Geschehen ist nichts. Aufgeklärt wurde erst recht nicht. Es wurde weiter abkassiert. Die Kommunen und Ämter haben in den letzten Jahren sogar mit Blitzern massiv aufgerüstet. 

Der Gerätehersteller Jenoptik hat auf das ‚Blitz‘-urteil aus dem Saarland mit einer schnellen Presseerklärung reagiert. Jenoptik will seine Lasergeräte bundesweit nachrüsten. Noch im Laufe des Monats soll der PTB (Physikalisch-Technische Bundesanstalt) ein Softwareupdate präsentiert werden, das die Speicherung der Rohmessdaten ermöglicht. Nach Genehmigung soll die Software dann auf alle vorhandenen Messanlagen aufgespielt werden.

 

Ob das so einfach ist, darf bezweifelt werden. Software-Updates kennt man schon bei  Dieselfahrzeugen! Und die aktuellste Frage ist: was geschieht bis dahin? Was geschieht mit den Altfällen? Die Rechtsanwälte FISCHER & COLLEGEN haben die Stadt Konstanz, die Stadt Singen, die Stadt Radolfzell, die Stadt Stockach, die Stadt Engen, die Stadt Überlingen und die Stadt Meersburg (also die täglichen Wegstrecken der Kanzlei) aufgefordert, die betroffenen Messgeräte bis zur Klärung stillzulegen oder aus dem Verkehr zu ziehen.

Die Geschwindigkeitsmessungen der schwarzen Blitzersäulen in und um Konstanz sind nach derzeitigem Kenntnisstand unverwertbar. Die Stadt Konstanz und das Landratsamt Konstanz verwenden zur Verkehrsüberwachung in fast allen Fällen Überwachungsgeräte der Firma Jenoptik, die im Gegensatz zu anderen Messgeräten keine Rohmessdaten speichern. Dies hat zur Folge, dass ein gemessener Verstoß im Einzelfall im Nachhinein nicht nachgeprüft werden kann. Eine solche Einschränkung verstößt gegen das Recht auf einen fairen Prozess und macht die Messung damit insgesamt unverwertbar.