Die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg brachte unlängst in einer Pressemitteilung ein mögliches Tempolimit von 200 km/h aufs Tablett:
"Die Einführung einer Geschwindigkeitsobergrenze in der Straßenverkehrsordnung, nach der ein sehr schnelles Fahren noch erlaubt wäre, ein übermäßig-rasendes Fahren indes verboten wäre (z.B. 200 km/h), könnte womöglich Abhilfe schaffen".
Der Pressemitteilung geht ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Stendal voraus. Beschuldigter war ein Millionär der Anfang des Jahres mit seinem Bugatti Chiron bei Burg über die A2 zwischen Berlin und Hannover gerast ist. Dabei wurde sein Tacho gefilmt, dieser zeigte eine Geschwindigkeit von bis zu 417 km/h an. Zeitweise soll der Beschuldigte sogar beide Hände vom Lenkrad genommen haben. Ermittelt wurde wegen eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens nach § 315d StGB. Dieser Tatbestand ist auch dann erfüllt, wenn man sich nicht mit einem anderen Fahrzeug duelliert, sondern ein Rennen gegen sich selbst fährt.
Der Fall sorgte für großes Aufsehen. Dabei wies er einen wesentlichen Unterschied im Vergleich zu anderen Raserfällen auf. Normalerweise sind bei verbotenen Kraftfahrzeugrennen regelmäßig auch Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung (StVO) gegeben. In diesem Fall war sowohl die extrem hohe Geschwindigkeit als auch das freihändige Fahren erlaubt. Zur Beurteilung der Strafbarkeit stand die Frage im Vordergrund, ob der Beschuldigte grob verkehrswidrig und rücksichtslos gehandelt hat.
Grob verkehrswidrig handelt grundsätzlich, wer objektiv besonders schwer gegen eine Verkehrsvorschrift verstößt. Rücksichtslos handelt, wer sich aus eigensüchtigen Gründen über seine Pflichten gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern hinwegsetzt.
Die Staatsanwaltschaft Stendal konnte ein solches Verhalten nicht feststellen. Der Fahrer habe optimale Wetterbedingungen, Straßenverhältnisse und Uhrzeit gewählt. Rücksichtlosigkeit könne ihm nicht vorgeworfen werden. Zudem sei sein Auto auf solche Geschwindigkeiten ausgelegt und auf dem Abschnitt habe es keine Geschwindigkeitsbegrenzung gegeben. Auch Hinweise auf eine unsichere Fahrweise gebe es nicht, daher habe die Staatsanwaltschaft wegen nicht hinreichenden Tatverdachts die Ermittlungen eingestellt. Hiergegen war Beschwerde eingelegt worden, welche die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg zurückwies. (Az. 108 Zs 806/22)
Hierzu hieß es in einer Pressemitteilung der Generalstaatsanwaltschaft, sie schließe nicht aus, dass ein Autofahrer, der mit bis zu 417 km/h eine auch von anderen Verkehrsteilnehmern genutzte Autobahn befährt, dadurch eine Straftat in Form eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens (§ 315d Absatz 1 Nr. 3 StGB) begeht. Im vorliegenden Fall ließ sich ein Tatnachweis jedoch aus Rechtsgründen nicht führen. Es handle sich um eine bloße Geschwindigkeitsüberschreitung. Diese sei zwar erheblich, jedoch nicht von § 315d StGB erfasst.
Die Generalstaatsanwaltschaft sieht deshalb hier Handlungsbedarf auf Seiten des Gesetzgebers, wenn solche Handlungen in Zukunft zu unterbunden werden sollen. Deshalb schlug sie das Tempolimit bei 200 km/h vor.
Passend hierzu tagt nun der Verkehrsgerichtstag. Einen Tagesordnungspunkt „Tempolimit“ sucht man hier jedoch vergebens.