Es gibt die alte Redensart „Alter schützt vor Torheit nicht“. Ob diese Aussage stimmt, kann dahingestellt bleiben. Nach Ansicht des Landgerichts Berlin schützt Alter zumindest in einigen Fällen vor Kündigungen des Mietverhältnisses. Eine Wohnungseigentümerin in Berlin wollte zwei Senioren, 84 und 87 Jahre alt, wegen Eigenbedarfs das Mietverhältnis kündigen. Mit dem Hinweis auf ihr fortgeschrittenes Alter, ihren schlechten Gesundheitszustand und ihre beschränkten finanziellen Mittel widersprachen die beiden Senioren der Eigenbedarfskündigung. Das Landgericht Berlin hat nunmehr entschieden, dass die Senioren in der Wohnung bleiben dürfen.
Das Landgericht befand, dass den beiden Senioren ein Anspruch auf eine zeitlich unbestimmte Fortsetzung des Mietverhältnisses zustehe, auch unabhängig vom Gesundheitszustand. Das Landgericht Berlin führte in seinen Entscheidungsgründen aus, dass der Verlust der Wohnung eine Härte (§ 574 Abs. 1 BGB) für Senioren darstelle. Von daher müsse ein Vermieter in einem solchen Fall besonders gewichtige persönliche oder wirtschaftliche Nachteile geltend machen können, um das Mietverhältnis zu beenden. Diese seien im vorliegenden Fall nicht gegeben gewesen, da die Klägerin die Wohnung nach eigenem Vortrag nicht einmal ganzjährig nutzen wollte. Es sei der Klägerin lediglich um einen bloßen Komfortzuwachs und um die Vermeidung unerheblicher wirtschaftlicher Nachteile gegangen. Da die Kündigung auch nicht aufgrund einer Pflichtverletzung der Mieter erfolgte, sei das hohe Alter der Mieter hier ein entscheidender Faktor.
Das Urteil des Landgerichts Berlin stärkt damit auf jeden Fall die Rechte von Senioren und legt für eine Interessenabwägung im Rahmen einer Eigenbedarfskündigung einen deutlich höheren Maßstab an. Keine Ausführungen machte das Gericht dazu, ab welchem Alter der Mieter dieser erhöhte Maßstab anzuwenden sei. Das Urteil ist auch rechtskräftig, eine Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) wurde nicht zugelassen. Bei Eigenbedarfskündigungen gilt ohnehin, dass vom Vermieter klar dargelegt werden muss, für wen konkret die Räumlichkeiten benötigt werden und es muss auch ganz konkret dargelegt werden, warum gerade diese bestimmte Wohnung zu dem in der Kündigung genannten Zeitpunkt benötigt wird. Kündigungsfristen sind dabei natürlich auch einzuhalten.
[LG Berlin, Urteil vom 12.03.2019, Az. 67 S 345/18]