Konstanz: Im Februar 2023 ist ein 16-jähriger ohne Fahrerlaubnis, welcher wohl das Auto von seinem Vater geklaut hat, bei einer Verfolgungsjagd mit der Polizei gegen einen Baum geprallt. Für seinen 19-jährigen Beifahrer hatte der Unfall fatale Folgen: Er wurde schwer verletzt und schwebte nach dem Unfall in Lebensgefahr.
Hintergrund der Verfolgungsjagd war, dass die beiden sich in ein Wettbüro begeben wollten. Auf dem Weg dorthin hielt eine Polizeistreife den Audi an, um ihn zu kontrollieren. Der Autofahrer hielt zunächst an, gab dann jedoch Vollgas und floh. Sodann wurde das Auto nach einer eingeleiteten Fahndung völlig zerstört entdeckt.
Die Ermittlungen ergaben, dass das KfZ von der Fahrbahn abkam und gegen einen Baum prallte. Danach ist das Unfallfahrzeug gegen einen am Fahrbahnrand abgestellten Nissan geprallt. Dieser Aufprall war so stark, dass der Nissan mehrere Meter weit weggeschleudert wurde und umkippte. Im Zuge dieses Unfalls wurden der Fahrer und sein Beifahrer in dem Auto eingeklemmt und mussten aus dem Auto gerettet werden.
Hierbei stellt sich die Frage nach möglichen Ansprüchen des Beifahrers auf Schmerzensgeld gegen den Fahrer und gegen die Haftpflichtversicherung des Fahrers. Der Beifahrer wusste wohl nicht, dass der Fahrer keine gültige Fahrerlaubnis besaß und erst 16 Jahre alt war.
Im August 2024 verhandelt das Landgercht Konstanz in dem Fall.
Eine unfallverursachende Handlung des Fahrers führt in allen Fällen zu einem Anspruch des Beifahrers auf Schmerzensgeld und die Erstattung angemessener Heilbehandlungskosten. Es kommt dabei auch nicht darauf an, ob die Mitnahme des Beifahrers aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung oder einfach so im Rahmen einer Freizeitaktivität erfolgt. Denn auch eine im Rahmen einer Gefälligkeit beförderte Person kann die Beachtung der Straßenverkehrsregeln durch den Fahrer erwarten.
Im nächsten Schritt stellt sich die Frage, welche Ansprüche von der Haftpflichtversicherung gedeckt werden. Auch sie haftet dem Geschädigten direkt.
Eine Regulierung des Schadens über die Versicherung wird meist zum vollständigen Erfolg führen. Es besteht nur folgende Ausnahme: Sachschäden am Fahrzeug bleiben von der Haftpflichtversicherung ungedeckt, sofern der Unfallverursacher, wie hier, nicht der Halter des Fahrzeugs ist.
Die Höhe des Schmerzensgeldes hängt vom Einzelfall und von der Verletzung ab. Bei lebensgefährlichen Verletzungen kann das Schmerzensgeld sehr hoch ausfallen.
Wie wäre aber der Fall zu bewerten, wenn der Beifahrer Kenntnis von dem Alter des Fahrers gehabt hätte? Dann müsste dem Beifahrer ein Mitverschulden anzurechnen sein, was aber nicht bedeutet, dass er dann gar keinen Anspruch auf Schmerzensgeld hätte – dieser würde allerdings geringer ausfallen.
[Quellen: https://www.schwaebische.de/regional/bodensee/ueberlingen/grosseinsatz-16-jaehriger-will-polizei-abhaengen-und-baut-schweren-unfall-1379000 ; Hirte, Heber in: JuS 2002, 241, beck-online]