Stellt die Post ein ersichtlich fristgebundenes Schreiben trotz vereinbarter Lieferfrist zu spät zu, kann der aus der verspäteten Zustellung entstehende Schaden ersatzpflichtig sein.

 

Das hat das Oberlandesgericht Köln (OLG) im Fall einer Frau entschieden, die am 29.09.2017 ein Schreiben an ihre ehemalige Arbeitgeberin verfasst hatte. Darin machte sie Abgeltungsansprüche in Höhe von über € 20.000,00 für Urlaub geltend, den sie wegen Schwangerschaft und Elternzeit nicht hatte nehmen können. Aufgrund einer Klausel im Arbeitsvertrag musste sie diese Ansprüche bis spätestens 30.09.2017 geltend machen. Das an die ehemalige Arbeitgeberin adressierte Schreiben enthielt nicht den Zusatz, dass es sich bei der Adressatin um eine GmbH handelt. Die Klägerin gab es am Freitag, dem 29.09.2017, zur Zustellung auf. Sie wählte die Versandmethode „Expresszustellung mit dem Zusatzservice Samstagzustellung“. Nach einem erfolglosem Zustellungsversuch am 30.09.2017 wurde es letztlich erst am 04.10.2017 zugestellt. Die ehemalige Arbeitgeberin der Frau berief sich deshalb auf eine verspätete Geltendmachung der Ansprüche und zahlte nicht. Den ihr dadurch entstandenen Schaden machte die Frau nun gegen die Beklagte, die Deutsche Post AG, geltend.

 

Diese verteidigte sich damit, dass der Zustellfahrer sich wegen des fehlenden Adresszusatzes „GmbH“ und weil die Briefkästen bei der Empfängerin nicht beschriftet waren, unsicher gewesen sei, ob er die Sendung so zustellen könne und habe deshalb zunächst von einer Zustellung abgesehen. Die Beklagte erstattete nur das Porto in Höhe von € 23,80.

 

Das Landgericht Bonn hat der Frau dagegen Schadensersatz in Höhe von knapp € 18.000,00 zugesprochen. Nachdem die Richter am OLG auf die fehlenden Erfolgsaussichten der Berufung hingewiesen hatten, hat die Deutsche Post AG diese zurückgenommen.

 

Zur Begründung hat das OLG im Wesentlichen ausgeführt, dass die Frau gegen die Deutsche Post AG einen Schadensersatzanspruch aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Frachtvertrag habe. Danach haftet der Frachtführer für den Schaden, der durch eine Überschreitung der Lieferfrist entsteht. Bei der Sendung habe es sich offenkundig um eine solche gehandelt, bei der die Einhaltung der Lieferfrist von besonderer Bedeutung und Wichtigkeit war. Dies ergebe sich aus der vereinbarten Zusatzleistung „Samstagszustellung“ und dem erheblichen Porto von € 23,80. An der Anschrift der ehemaligen Arbeitgeberin der Klägerin war nur diese als Empfängerin vorhanden. Das Klingelschild war genauso bezeichnet, wie auf dem Brief der Klägerin vermerkt. Daneben hingen zwei unbeschriftete Briefkästen. Nirgends an dem Gebäude ist ein Schriftzug mit dem vollen Firmennamen, also inklusive GmbH-Zusatz, angebracht. Es habe aufgrund all dieser Umstände aus Sicht des Zustellers überhaupt keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass eine Adresse ungenau vorlag. Er hätte jedenfalls die Pflicht gehabt, an der rund um die Uhr besetzten Pforte, nachzufragen.

 

[OLG Köln, Beschluss vom 16.04.2020, Az. 3 U 225/19]