Die Pflicht des Vermieters, Versorgungsleistungen wie Heizung, Strom oder Wasser nach Beendigung des Mietverhältnisses stellt besitzrechtlich keine verbotene Eigenmacht dar, wenn der Vermieter hierfür kein Entgelt erhält und ihm durch die weitere Belieferung ein Schaden droht. Der Bundesgerichtshof hat entgegen der bisher überwiegend vertretenen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, die in der Einstellung der Leistungen eine besitzrechtlich verbotene Eigenmacht gesehen hat, den Besitzschutz auf die Einstellung von Versorgungsleistungen für nicht anwendbar erklärt.

Die Besonderheit des Besitzschutzes besteht darin, dass er - zur vorläufigen Befriedung - auch einem unrechtmäßigen Besitzer zusteht. Er besteht in der Abwehr von Störungen und greift grundsätzlich auch dann ein, wenn der Mietvertrag beendet und der Mieter zur Räumung verpflichtet ist.

 

Der Bundesgerichtshof hat nun allerdings hervorgehoben, dass der Besitz als rein tatsächliche Sachherrschaft keinen Anspruch auf eine bestimmte Nutzung der Sache verschafft, sondern nur Abwehransprüche gegen Eingriffe von außen. Ein solcher Eingriff liege nicht vor, wenn lediglich Leistungen eingestellt würden. Denn der Besitz sei nur gegen beeinträchtigende Eingriffe geschützt, verleihe aber kein Recht auf eine fortgesetzte Belieferung mit Versorgungsgütern. Damit sei die Sachlage vergleichbar mit der Einstellung der Leistungen durch Versorgungsunternehmen, wenn der Mieter die Leistungen unmittelbar von diesen beziehe. Die Versorgungssperre durch die Energieversorger werde nach der weit überwiegenden Auffassung zu Recht ebenfalls nicht als Besitzverletzung angesehen.

 

Ein Anspruch des Mieters auf die Fortsetzung von Versorgungsleistungen kann sich nach dem Bundesgerichtshof nur aus dem Mietvertrag ergeben oder - nach Beendigung des Mietverhältnisses - im Einzelfall nach Treu und Glauben aus sog. nachvertraglichen Pflichten. Der Bundesgerichtshof hat beispielhaft einzelne Fallgestaltungen angeführt, in denen eine Pflicht des Vermieters auf weitere Belieferung bestehen kann. Eine Grenze für die Pflicht zur weiteren Belieferung sei aber jedenfalls dann erreicht, wenn der Vermieter hierfür kein Entgelt erhalte und ihm durch die weitere Belieferung ein Schaden drohe.

 

BGH Urteil vom 06.05.2009 - XII ZR 137/07

 

[PM Nr. 69 vom 6. Mai 2009]