Kann der Staat dem Strafrechtsmonopol noch gerecht werden? Staatsanwälte ersticken im Strafverfahren
Die Strafverfolgungsbehörden haben im Jahr 2022 bundesweit mehr als 5,2 Millionen Fälle bearbeitet. Das waren über 300.000 Verfahren mehr, als im Vergleich zu 2021. Zwischenzeitlich landet dann noch nur jedes 15. Verfahren nach Anklageerhebung vor Gericht, das waren im Jahr 2022 340.243 Fälle. Die Statistik zeigt, dass im Jahr 2012 es noch jedes 10. Strafverfahren gewesen ist, das vor dem Richter landete (485.525 Anklageerhebungen).
Auch die Strafjustiz hat ein Personalproblem. Der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Richterbundes beklagt 1.500 fehlende Juristen. Da die Verfahren zu lange dauern, müssen immer wieder dringend Tatverdächtige aus der Untersuchungshaft entlassen werden.
Muss der Immobilienverkäufer offenbaren, wenn in einem Haus schon mal jemand ermordet wurde?
Das Landgericht Coburg verneint dies in seinem Urteil vom 06.10.2020 und weist die entsprechende Klage ab.
Die Klägerin hatte mit notariellem Kaufvertrag vom 13.12.2018 ein Wohnanwesen von der Beklagten gekauft. Dass in diesem Anwesen 1998 sowohl eine Frau als auch ein Kleinkind ermordet wurde, erfuhr die Klägerin erst Ende 2019 und hätte sie, laut eigenen Angaben, am Kauf des Anwesens gehindert.
Auf Grund dessen erklärte sie am 13.12.2019 die Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung im Sinne des § 123 Abs. 1 Var. 1 BGB gegenüber der Beklagten, unter Hinweis auf eine generelle Aufklärungs- und Hinweispflicht derartiger psychisch belastender Ereignisse. Die Beklagte sei auch ohne eine entsprechende Nachfrage zur Aufklärung verpflichtet gewesen, habe dies jedoch aus Arglist verschwiegen, um die Klägerin zu täuschen.
Verschärfte Aufklärungspflichten: BGH stärkt Rechte von Immobilienkäufern
In seiner Entscheidung vom 15.09.2023 hat der BGH sich mit den Anforderungen an vorvertragliche Aufklärungspflichten befasst. Konkret ging es um einen Fall, in dem einige Gewerbeeinheiten für 1,5 Mio EUR verkauft werden sollte.
Die Verkäuferin versicherte im Kaufvertrag, dass keine außergewöhnlichen Sanierungen bevorstehen, deren Kosten durch die Instandhaltungsrücklage nicht gedeckt sind. Zudem war im Kaufvertrag niedergelegt, dass die Verkäuferin der Käuferin alle Protokolle der Eigentümerversammlungen der letzten drei Jahre übergibt und die Käuferin Kenntnis vom Inhalt der Unterlagen nimmt. Die Übergabe der wesentlichen Unterlagen sollte folgendermaßen erfolgen: Die Verkäuferin stellt alle wesentlichen Unterlagen in einen virtuellen Datenraum ein, auf den die Käuferin Zugriff erhält. Drei Tage vor Abschluss des Kaufvertrags ergänzte die Verkäuferin die Unterlagen durch Einstellen des Protokolls einer Eigentümerversammlung, aus dem sich ergibt, dass auf die Käuferin Instandhaltungskosten von bis zu 50 Mio EUR zukommen könnten. Die Verkäuferin unterrichtete die Käuferin nicht über die Ergänzung der Unterlagen, sondern stellte diese „klammheimlich“ in den virtuellen Datenraum ein, vielleicht in der Hoffnung, dass die Käuferin diese so kurz vor Vertragsschluss nicht mehr zur Kenntnis nehmen würde.
Auch Planer dürfen eine Bauhandwerkersicherung verlangen
Auch Planer können für ihre Honorarforderungen eine Bauhandwerkersicherung verlangen. Der Auftraggeber kann das nicht verhindern, indem er zum Beispiel eine unvollständige Leistungserbringung, die Überschreitung der Baukostengrenze oder die fehlende Abnahme einwendet.
Verbot von Radarwarngeräten verfassungsgemäß?
In Deutschland muss sich jedes staatliche Handeln, also auch der Erlass von Gesetzen, an den Grundrechten messen lassen. Kein Gesetz darf gegen das Grundgesetz verstoßen.
Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) enthält die allgemeine Handlungsfreiheit. Die allgemeine Handlungsfreiheit umfasst das Recht des Einzelnen, zu tun und zu lassen, was er möchte. Zu dieser Freiheit zählen unter anderem auch, die Freiheit vor Belastungen mit Geldstrafen, Geldbußen und Zwangsmitteln.
§ 23 Abs. 1c StVO verbietet die Nutzung von Radarwarngeräten, § 49 StVO erklärt einen Verstoß gegen dieses Verbot zu einer Ordnungswidrigkeit, was die Verhängung eines Bußgeldes möglich macht. Damit beschränkt das Verbot von Radarwarngeräten die allgemeine Handlungsfreiheit und stellt einen Eingriff in Art. 2 Abs. 1 GG dar. Zu beachten ist jedoch, dass damit jedes Verbotsgesetz in Art. 2 Abs. 1 GG eingreift, aber nicht jeder Eingriff ein Verstoß gegen das Grundgesetz sein kann – ansonsten wäre das ganze Strafgesetzbuch verfassungswidrig.